Die schrecklichen Zwillinge müssen gehen!

Die grundlegenden Prozesse in Atomreaktoren sind dieselben wie bei Atomwaffen, stellt Helmut Käss, seit Jahren aktives Mitglied des Braunschweiger Friedenszentrums und Hausarzt im Ruhestand, klar. 1998 bezogen die Internationalen Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW) aus medizinischer Sicht Position für einen Ausstieg auch aus der Atomenergie. Atomenergie sei seiner Meinung nach auf allen Ebenen inakzeptabel: gefährlich für die Gesundheit, sie berge das Risiko katastrophaler Strahlenfreisetzung und sei leicht zu verbinden mit der Herstellung von angereichertem Uran und Plutonium, die für Atomwaffen verwendet werden können.

Fehlinformationen

Bedauerliche Fehlinformationen sind verbreitet worden, auch von erfahrenen Experten und in Materialien für den Schulunterricht, die die Risiken ionisierender Strahlung herunterspielen. Für die Ärzte gibt es keine effektive Behandlung für die katastrophalen Folgen einer Atomexplosion oder eines Reaktordesasters. Wenn die Notwendigkeit zu verhüten, was man nicht kontrollieren kann, so groß ist, ist es offensichtlich, dass weder Atomwaffen noch Atomenergie Platz in einer sicheren, nachhaltigen Welt haben können.

Hiroshima – Reaktion auf die grauenvollen Erinnerungen

Hiroshima, wo 1945 die erste Atombombe auf Menschen geworfen wurde, ist ein sehr geeigneter Ort für Aktionen gegen Atomwaffen, gegen Atomenergie und für die Einführung von erneuerbaren Energien. Nach dem Atombombenabwurf beschloss die Führung der Stadt, den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Schaffung einer friedlichen Welt zu legen, damit dieses Grauen nie wieder geschehen möge. In dieser Stadt gründeten sich die „Mayors for Peace“ (Bürgermeister für den Frieden), zu denen 400 deutsche und weltweit 5000 Bürgermeister gehören.

Nichtatommächte sind gefordert

Verschiedene Waffensysteme sind schon weltweit geächtet: die biologischen und chemischen Waffen, die Landminen und die Streubomben. Die schlimmsten und für das Überleben der Menschheit gefährlichsten Waffen sind es aber noch nicht: die Atomwaffen! Nach dem „Non-Proliferation Treaty“ (Nichtverbreitungs-Vertrag, seit 1970 in Kraft) schien das Problem zunächst gelöst: Die Atomwaffenstaaten verpflichteten sich, die Atomwaffen abzurüsten.

Die IPPNW mahnte und drängte – die Reaktion waren nur kleine Schritte. Sogar neue Atomwaffenstaaten kamen hinzu. Aus der daraus resultierenden Frustration gründete sich die ICAN-Bewegung, die Internationale Kampagne gegen Atomwaffen. Sie brauche Unterstützung. Nach ihrer Sichtweise brauche es einen letzten Sprint, um eine atomwaffenfreie Zukunft zu schaffen. ICAN hält es für sinnvoll, dass die Initiative dafür von den Nichtatommächten ausgehen solle. Trunkenbolde würden ihren Alkoholismus auch nicht selbst behandeln, analysiert Helmut Käss treffend.

ICAN empfiehlt, dass jeder seinen eigenen Staat ansehen solle. Wenn dieser keine Atomwaffen habe, solle er zu diplomatischen Aktivitäten angeregt werden. Wenn er Atomwaffen habe, solle dagegen protestiert werden. Auch vertritt ICAN die Meinung, dass es sinnvoll ist, Wege zu erarbeiten, mit den Problemen aktiv und kreativ umzugehen, anstatt den Menschen Angst zu machen.

Die meisten Menschen wissen wenig über Atomwaffen, sie wollen auch gar nicht so viel darüber wissen, weil das Ängste erzeugt. Und weil sie denken, sie hätten keinen Einfluss, verdrängen sie dieses Thema. Dabei kommt es darauf an, beharrlich und mit immer mehr „man und female power“ auf die Regierungen einzuwirken, um Atomwaffen und Atomenergie abzuschaffen.


Daniel Gottschalk, Frieder Schöbel