Vortrag von Dr. Helmut Kramer, Richter am Oberlandesgericht i. R. am Do 2.11.2017 um 19.00 Uhr in der Gedenkstätte Friedenskapelle.
Vor 1945 fungierte Dr. jur. Willi Geiger als Staatsanwalt und Hilfsrichter am Sondergericht Bamberg, wo er die Verantwortung für mehrere Todesurteile trug. Nach 1945 wirkte er als Senatspräsident am Bundesgerichtshof und Richter am Bundesverfassungsgericht. Mit 22jähriger Amtszeit war er einer der mächtigsten Richter am Bundesverfassungsgericht. Er war Präsident des 81. Deutschen Katholikentages und Träger des Komturkreuzes mit Stern des Ordens vom Heiligen Gregor dem Großen.

Maßgeblich beteiligt war Willi Geiger an der am 22.5.1975 getroffenen Entscheidung des BVerfG zum Berufsverbot für Beamte, die nach Ansicht des Gerichts nicht die "poiitische Treuepflicht" erfüllten. Eine Entscheidung, deren Nachwirkungen bis in die Gegenwart reichen.

Helmut Kramer zeichnet in seinem Vortrag den irritierenden Lebensweg des Willi Geiger nach.

Ort und Veranstalter: Gedenkstätte Friedenskapelle, Helmstedter Straße 54a, Braunschweig
 

Helmut Kramer in seiner begleitenden Email zur Veranstaltungseinladung:

"Eine Anfrage aus dem südwestdeutschen Raum vom Herausgeber und Verleger der THT-Buchreihe „Täter, Helfer, Trittbrettfahrer“ (vgl. www.ns-belastete.de), Dr. Wolfgang Proske, veranlasste mich zu einer ausführlicheren Geiger-Biographie. Ausgangspunkt war mein kurzer Nachruf auf den Bundesverfassungsrichter Willi Geiger aus dem Jahr 1994 (Kritische Justiz 1994, S. 232 ff).

In meinem umfassenden Buch-Beitrag beleuchte ich das Wirken Willi Geigers sowohl in den Jahren 1933-1945 wie auch in der Nachkriegszeit ab 1945. Zu den vielen Schwerpunkten gehört die Berufsverbote-Entscheidung des BVerfG vom 22. Mai 1975. Deren bis in die jüngsten Tage reichende Aktualität ergibt sich schon daraus, dass der letzte niedersächsische Landtag sich mit dem Versuch einer wenigstens moralischen Rehabilitierung der Opfer der Berufsverbote befasst. Ein Vorhaben, dass durch die Neuwahl des Nds. Landtages jetzt wieder infrage gestellt ist. Die CDU hat sich bislang gegen jede Rehabilitierung von „Gesellschaftsveränderern“ und anderen „Verfassungsfeinden“ ausgesprochen.

Die Frage, ob Willi Geiger sich von seiner nationalsozialistischen Vergangenheit jemals gelöst hat, habe ich mit eindeutigen Zitaten Geigers gegenteilig beantwortet.

Damit erhält auch die Vorstellung vom Bundesverfassungsgericht als Gegenstück zu den personellen Kontinuitäten in den anderen Gerichten einen leichten Kratzer.

Meine Willi Geiger-Biographie ist erschienen unter dem Titel Willi Geiger: Vom Antisemiten und Staatsanwalt am NS-Sondergericht zum Richter am Bundesverfassungsgericht in der Reihe „Täter Helfer Trittbrettfahrer. NS-Belastete aus Nordbaden + Nordschwarzwald“ (THT); Gerstetten 2017, Kugelberg Verlag, ISBN 978-3-945893-08-1, 19,99 €; www.ns-belastete.de . Band. 7 der THT-Reihe ist dem Bereich Nordbaden gewidmet, wo Willi Geiger aufgewachsen ist.

Die THT Reihe ist in 10 Bezirke in Südwestdeutschland aufgeteilt. Über 120 ebenso engagierte wie altruistisch arbeitende Historiker und andere Wissenschaftler, arbeiten an den 10 Bänden.

Der Band kann bestellt werden bei: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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