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Elke Almut Dieter für das Friedenszentrum Braunschweig, Rede auf dem Kohlmarkt Braunschweig am 1.9.2018

Die EU als Militärmacht

Die Europäische Union ist schon lange auf dem Weg zu einer Militärmacht. Und das nicht erst seit Trump, dessen „ Bündnistreue“ in NATO-Kreisen bezweifelt wird. Bereits der Vertrag von Maastricht im Jahre 1992 legte die Grundlagen für die  gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik unter dem Kürzel GASP.

Der militärische Beistandspakt der Westeuropäischen Union (WEU 1954), wurde im Jahre 1997 zur  „Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU, - der nächste Schritt zur Militarisierung der EU: Die Mitglieder haben sich verpflichtet, ihre militärischen Fähigkeiten auszubauen:

Es ging um:
europäische Drohnen, schnelle Eingreifkräfte für Auslandseinsätze, EU Battlegroups.


Im Dezember 2017 beschloss die EU eine „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ bekannt unter dem Kürzel PESCO. Dieses Abkommen der 25 EU-Mitgliedstaaten soll mittelfristig zum Aufbau einer echten europäischen Verteidigungsunion führen. Ihre Mitglieder verpflichten sich zu höheren Verteidigungsausgaben:
 


Wieso waren gerade Frankreich und Deutschland an diesem Abkommen interessiert?


PESCO befasst sich hauptsächlich mit gemeinsamen Rüstungsprojekten und dem Zwei-Prozent-Ziel für alle europäischen Staaten – auch für  Deutschland. Und das Ergebnis dieser Ankündigung ist sichtbar, die Aktienkurse der Rüstungskonzerne sind sofort gestiegen: Airbus, Rheinmetall, Thyssen-Krupp, und für richtig fette Aufträge fusionieren die Rüstungskonzerne sogar wie beispielsweise Krauss Maffei-Wegmann (DE) und Nexter (FR) oder Safran (FR) und Zodiac (FR) oder Gemeinschaftsprojekte wie Honostor von KMW und Nexter oder von Rheinmetall und Raytheon. Deutschland und Frankreich haben die größten Rüstungskonzerne in Europa, für sie heißt PESCO vor allem: Zahltag!


Diskutiert wird jetzt die Einrichtung einer EU-Armee…


Die Idee einer Europa-Armee ist von Winston Churchill aus dem Jahre1950: eine europäische Verteidigungsstreitmacht unter Führung der NATO.
Angesichts der Spannungen mit Russland hat sich EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker für die Gründung einer gemeinsamen Armee in Europa ausgesprochen. Sein Vorstoß erhält auch Unterstützung aus der SPD in Deutschland.


Ist eine EU-Armee der erste Schritt zu einer weitgehend unabhängigen europäischen  Verteidigungspolitik? Unabhängig von dem großen Bruder?


Was sagt die deutsche Politik? Sie spricht von keiner EU-Armee. Die NATO-Abhängigkeit solle durch die Stärkung der eigenen Fähigkeiten gemindert werden, das heißt aber nicht, dass die NATO nicht weiterhin willkommen ist und enger Partner bleibt. PESCO ist kein Ersatz oder eine Konkurrenz für die NATO.

Ursula von der Leyen sagte: „Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion ist komplementär zur NATO“.

Exakt dieses Wort benutzt auch die NATO. Die Bundesregierung schreibt: „Die GSVP (Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik) steht nicht in Konkurrenz zur NATO und soll diese nicht ersetzen, sondern ergänzen.“

Die Ähnlichkeiten der Neuausrichtung der NATO und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind verräterisch. Die Verteidigungsministerin spricht von einer schnellen Verlegefähigkeit, die NATO von Bewegungsfreiheit für schnelles Verlegen. Bei beiden geht es um das 2-Prozent-Ziel, engere Zusammenarbeit bei Cyberdefence, Beide benutzen das Wort „Interoperabilität“, als hätten sie voneinander abgeschrieben. Dazu kommt, dass die NATO erst am 25. Mai 2018 ihr neues Hauptquartier in Brüssel mit 4.500 Mitarbeiter eröffnete.

Jens Stoltenberg ein paar Tage vor PESCO:
„Eine Schlüsselkomponente in diesem Anpassungsprozess ist der Ausbau und die Beschleunigung der Befehlsstruktur der NATO. Ein neues Kommando soll die Bewegungsfreiheit militärischer Verbände in ganz Europa verbessern und alle die Logistik betreffenden Befehlswege innerhalb der NATO straffen. Unsere Militärkommandeure werden die dazu erforderlichen Details ausarbeiten."
                                                                   
Quelle: Matthias Gast (OCCUPEACE)

Fazit: Die EU-Armee ist keine mutige Selbstbehauptung gegenüber den US-Interessen, sondern eine gut verkaufte Militarisierung Europas im Interesse der US-geführten NATO und im Gleichschritt mit der NATO.
Zusammen mit der europäischen Rüstungsindustrie ergibt sich ein militärisch-industrieller Komplex von dem die Politik ebenso profitiert wie die Wirtschaft.

Stimmen gegen die Rolle der Nato als ein Instrument der Erweiterung und Sicherung der amerikanischen Weltvorherrschaft:
 
Egon Bahr, sicherheitspolitischer Vorzeigeexperte der SPD und ehemaliger Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, warnte:.
"... das ist ja gerade ein Grund, weshalb die NATO kein global handlungsfähiges Instrument werden darf, das weltweit faktisch im Interesse der USA eingesetzt werden kann.“

Willi Wimmer:
„Es kann nicht sein, für eine verfehlte Politik jetzt das westliche Bündnis wie eine Art Fremdenlegion in Anspruch zu nehmen. Damit würde jene verhängnisvolle Politik fortgesetzt, wie sie mit dem NATO-Gipfel des Jahres 1998 in Lissabon eingeleitet wurde, als der Nordatlantikpakt als Verteidigungsbündnis quasi aufgebrochen und mit einem globalen Interventionsauftrag ausgestattet wurde. Ich hielt das immer für einen Kurs, der weder mit dem NATO-Statut noch mit der UN-Charta vereinbar ist.“