Der Aktionstag am 5. Dezember 2020 auf dem Kohlmarkt war geprägt durch zwei zukunftsweisende Reden von Ute Lampe und Werner Hensel.

 




Schwerpunkte waren der sich ständig erhöhende Verteidigungshaushalt, der inzwischen der zweitgrößte Posten im Bundeshaushalt hinter Arbeit und Soziales geplant ist, die Endlichkeit unserer Ressourcen, um die Kriege geführt werden und das fehlende Geld für die systemrelevanten Berufe im Rahmen der Corona-Krise.

 



Deutlich betont wurde, dass wir uns auch den obszönen Reichtum einiger Weniger nicht leisten können. Wir sehen mal wieder, dass die Krisen die Reichen noch reicher machen und die Armen ärmer. Endlich müssen wir darüber reden und entsprechend handeln, dass dieser Reichtum umverteilt wird. Ungleichheit provoziert Kriege. Das ist Wissen der Menschheit. Was wir brauchen ist eine echte Friedenspolitik. Denn Kriege werden gemacht, Reichtum wird gemacht, Armut wird gemacht. Wir können es verändern, trauen wir uns, so Hensel in seiner Rede, die allen aus dem Herzen sprach.

 


Werner Hensel kurz vor seiner beeindruckenden Rede.

 




Frieden ist eine Frage der Gerechtigkeit. Der ungleiche Welthandel produziert Flüchtlinge aus Perspektivlosigkeit. Die Flüchtlinge kommen dann zu uns. Am 05. November fanden mehrere Demos in Braunschweig statt. So wie hier die Seebrücke. Aber auch am Madamenweg fanden Demonstrationen gegen den AfD-Parteitag statt. Braunschweig hat sich inzwischen zu einem AfD-hotspot in Deutschland entwickelt.

 


Brunnen auf dem Kohlmarkt mit einer Friedensfahne und den zahlreichen weißen Kreuzen.

 

 



Rede Ute Lampe


Liebe Friedensfreunde und Freundinnen, liebe Unterstützer und Unterstützerinnen

In der kommenden Woche berät der Bundestag über den Haushaltsplan 2021. Geplant ist, dass der Verteidigungshaushalt offiziell auf rund 46,8 Milliarden Euro steigen soll - und damit um 1,2 Milliarden Euro mehr als im Haushalt 2020.

Der Verteidigungshaushalt ist der zweit größte Posten im Bundeshaushalt hinter Arbeit und Soziales.

Erst an vierter Stelle kommt mit 24,3 Mrd.€ -also gut die Hälfte des Verteidigungshaushaltes das Ressort Gesundheit. Mit 20,2 Mrd. €folgt an sechster Stelle Bildung und Forschung.

Ehrlich gesagt, schockiert mich das. Es schockiert mich deshalb, weil in den letzten Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst es bereits als eine Zumutung angesehen wurden, dass die Beschäftigten mehr Geld forderten. Nachdem im Frühjahr alle so beherzt für die Menschen geklatscht hatten, die sich in den Krankenhäusern und in der Pflege bis zur Erschöpfung für die Kranken und Pflegebedürftigen eingesetzt hatten. Teile der Bundesregierung planen, den Rüstungsanteil im Haushalt in den kommenden Jahren aufgrund des Versprechens gegenüber der Nato auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu erhöhen. Das würde bei einem erwarteten BIP für Deutschland von 4,1 Billionen Euro (IWF) für das Jahr 2024 den Betrag von über 80 Milliarden€ für Militärausgaben bedeuten.

Während das Geld, wie die Pandemie deutlich gezeigt hat, in allen zivilen Bereichen fehlt: bei Schulen und Kitas, im sozialen Wohnungsbau, der Gesundheit, der Alterssicherung, dem ökologischen Umbau wie auch der Klimagerechtigkeit.

Von den 46,8 Mrd €für die Verteilung werden aktuell knapp 265.000 Männer und Frauen bei der Bundeswehr beschäftigt - in Uniform aber auch in Zivil - Tendenz steigend. Menschen, die in Kasernen und in der Verwaltung das militärische Gerät warten und Instandhalten und sich in Planspielen auf potentielle Kriege vorbereiten. Die leisten wir uns einfach mal so, ohne, dass sie einen direkten Mehrwert für die Gesellschaft erzeugen.

Dagegen werden im Jahr 2030 in Deutschland zusätzlich mindestens 187 .000 Pflegekräfte mehr benötigt, die wir wirklich brauchen, wie ein im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft erstelltes Gutachten zeigt. Menschen, die fehlen, die einen echten Wert für die Gesellschaft bedeuten.

Wir leisten uns seit Jahrzehnten Personal einschließlich Mrd teures Kriegsgerät für Kriegseinsätze, die bisher zu keinen vorzeigbaren Ergebnissen -geschweige denn Erfolg- geführt haben.

Dagegen ist es seitens der Bundesregierung unvorstellbar sich einen Überhang im Gesundheitswesen nur vorzustellen. Denn schon 2013 entwickelte das Robert Koch-Institut ein Pandemie-Szenario, wie es jetzt in weiten Teilen Realität geworden ist. Politische Konsequenzen wurden daraus offenbar nicht gezogen. Statt dessen werden Soldaten aus den Kasernen bemüht, um die Lücken im Gesundheitswesen zu stopfen. Ich sage, wir brauchen das Geld in der Gesundheit, im Bildungswesen und in der Pflege und nicht für Kriegsspiele.

Wir leben in einer globalisierten Welt. Die Ressourcen sind endlich. Wir können es uns in so einer vernetzten Welt nicht leisten, Kriege um Ressourcen zu führen. Die Ressourcen sind für alle da und nicht nur für die, die den größten Colt in der Tasche haben. Eine gerechte und friedliche Ressourcenverteilung ist eines der großen Herausforderungen und Aufgaben für die Zukunft.

Die "Fridays for Future" Aktivistin Myriam Rapior hat es sehr schön auf den Punkt gebracht. Sie sagt und gibt damit m.E. die Sicht vieler junger Menschen wieder: "Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, die internationales Gegeneinander und nationalen Egoismus priorisieren. Aktive Friedens- und Umweltpolitik sieht anders aus. Deshalb ist es wichtig, dass die Bundesregierung die Rüstungsausgaben nicht erhöht und statt dessen die notwendigen Mittel für die soziale und ökologische Ausrichtung unserer Gesellschaft zur Verfügung stellt."

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit.

 

 

 

Rede Werner Hensel

 

Liebe Friedensfreunde,

Krieg ist ein Verbrechen - Rüstung ist Verschwendung - darüber sind wir uns einig, deshalb sind wir heute auf die Straße gegangen.

Kriege brechen nicht aus - sie werden gemacht. Und ob Milliarden für Kriegsflugzeuge, Fregatten und Panzer ausgegeben werden oder für Soziales, für Bildung oder ökologischen Umbau der Wirtschaft - darüber entscheiden Menschen, Bundestagsabgeordnete zum Beispiel.

Wir protestieren dagegen, dass wieder einmal der Rüstungshaushalt erhöht wird. Fast 50 Milliarden Euro werden im nächsten Jahr für's Militär verbraten. Da gibt es anscheinend keine leeren Kassen. Aber wenn die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes eine gerechte Bezahlung verlangen, oder wenn es um die Anschaffung von Luftreinigungsgeräten für Klassenzimer geht, findet sich immer eine leere Kasse. Die Anschaffung von Luftfiltern verschlinge Unsummen, sagte z.B. die nordrhein-westfälische Kultusministerin.

Das würden wir gerne hören, wenn es um die Anschaffung neuer Waffen geht.

Hier ein paar Beispiele für wirkliche Unsummen:

2018 waren die Militärausgaben weltweit so hoch wie seit 30 Jahren nicht mehr. 1,8 Billionen Dollar, eine unfassbar hohe Zahl mit 14 Stellen. Was könnte man mit diesem Geld machen? Zum Beispiel ein Viertel der weltweiten Ausgaben für Gesundheitfinanzieren. Oder fast ein Drittel des globalen Bildungsbudgetsstemmen.

Deutschland hatte im letzten Jahr seine Militärausgaben um 10 % erhöht - auf ca. 46 Mrd. Euro. So stark wie kein anderes Land unter den Top 15 der Welt. Da sollen jetzt noch mal ein paar Milliarden draufkommen.

Damit diese Zahlen etwas anschaulicher werden, ein paar Beispiele:

Für den Nachfolgepanzers des Leopard werden Gesamtkosten von ca. 100 Mrd. Euro  veranschlagt. Ob der dann weniger Sprit verbraucht als der Leo mit durchschnittlich 400 Liter auf 100 km darf bezweifelt werden.

Ein Eurofighter kostet über 100 Mio. € und verbraucht ca. 3500 Liter Treibstoff pro Stunde. 90 neue will die Bundesregierung anschaffen. Dazu neue F-18-Kampfflugzeuge -wegen nuklearer Teilhabe!

Die ersten 38 Eurofighter werden jetzt bestellt. Kostenpunkt: 5,4 Milliarden Euro. Lüftungsanlagen für alle Klassenzimmer werden ca. 1 Mrd. kosten.

Die Anhebung der Gehälter aller Pflegekräfte Deutschlands auf das Niveau des Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes würde rund 5,2 Milliarden Euro im Jahr kosten. (- schreibt das Ärzteblatt). Diese Unsumme verschlingen die 38 neuen Eurofighter. Was ist hier "systemrelevant"?

Liebe Friedensfreunde, wir können uns diese Verschwendung von Geld nicht mehr leisten - eigentlich konnten wir es noch nie.

Aber wir können uns auch den obszönen Reichtum einiger Weniger nicht leisten. Die Super-Reichen sind in den neun Monaten Corona-Krise noch reicher geworden.

Ich muss über die Unsummen, die ein Amazon-Chef, der Herr der Facebook-Daten, oder die Herren von Lidl und Aldi, von VW und BMW usw. ihr eigen nennen nicht reden - so viel Geld kann sich sowieso niemand vorstellen. Von dem Geld, das Finanzkonzerne wir BlackRock oder Vanguard verwalten, ganz zu schweigen.

Aber wir müssen endlich darüber reden und dafür handeln, dass dieser Reichtum umverteilt wird.

Wir brauchen eine Vermögensabgabe. Das Nettovermögen des reichsten Prozentes der Bevölkerung beträgt aktuell 3,6 Billionen Euro. 10 % Vermögensabgabe brächten 360 Mrd. in die öffentlichen Kassen.

Wir brauchen die Millionärssteuer, das bringt 25 Mrd. jährlich entsprechend den Vorschlägen des DGB und die sind mit 1-2 % ziemlich moderat.

Ca. 10 Mrd. jährlich bringt die Wiedereinführung der ErbschaftssteuerDie 32 Mrd. Schaden durch Steuerbetrug CumEx müssen eingetrieben werden.

Jawohl, es gibt leere öffentliche Kassen, das muss aber nicht so bleiben.Sprechen wir mit unseren Bundestagsabgeordneten über die Alternativen zur Verschwendung für's Militär, über die Verschonung der Reichen.

Neun Monate Politik unter Corona-Bedingungen hat u.a. folgendes gezeigt: Der Staat, kann mit viel Geld politisch eingreifen.

Wer die Lufthansa oder TUI mit Milliarden unterstützt, ohne sich Mitentscheidungsrechte zu sichern, wer 50 Mrd. fürs Militär hinblättert, wer auf eine Millionärssteuer verzichtet, dem glauben wir kein Wort, wenn Forderungen nach Erhöhung des Kurzarbeitergeldes, des Hartz-4-Satzes, der Bildungsausgaben oder des Mindestlohnes oder nach Tarifbezahlung für alle im Gesundheitswesen und der Pflege Beschäftigten, mit dem Hinweis auf leere öffentliche Kassen abgelehnt werden.

Kriege werden gemacht, Reichtum wird gemacht, Armut wird gemacht. Wir können es verändern -trauen wir uns!


Werner Hensel, Braunschweig, 5. Dezember