US-Präsident Obama zog Vergleiche mit dem Fall der Berliner Mauer, als Mubarak endlich abtrat. Gemeinsamer Nenner des Aufbruchs ist das Fehlen politischer Grundrechte. Aber so wichtig der Kampf um Meinungs- und Demonstrationsfreiheit auch ist, die Berichterstattung lässt die soziale Dimension der arabischen Aufstände in den Hintergrund treten.
In Tunesien war die Massenarbeitslosigkeit vor allem der jungen Menschen der Auslöser für die Proteste. Ein Student, der keine Lebensperspektive mehr sah, verbrannte sich. Hunger spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle: Die Lebensmittelpreise sind stark gestiegen, seitdem Nahrungsmittel zum Gegenstand von weltweiten Spekulationen geworden sind.
Die Personalisierung greift zu kurz: Ben Ali oder Mubarak mögen sich in schändlicher Weise bereichert und zur Erhaltung ihrer Macht gewaltige Unterdrückungsapparate aufgebaut haben – mit ihrer Entfernung gibt es noch lange keine Jobs oder billigere Nahrungsmittel. Beim Weltsozialforum in Dakar benannte man daher den Systemfehler sehr viel präziser, wenn man vom heraufziehenden Ende des Neoliberalismus sprach.
Zu hoffen bleibt, dass die jetzt einsetzende Unterstützung des Westens nicht nur zu politischem, sondern auch zu wirtschaftlichem Umdenken führt, die breiten Bevölkerungsschichten Zugang zum Reichtum ihrer Länder ermöglicht.
Ingeborg Gerlach