DISKUSSION aktuell:
Anfang September 2021 (Friedenszentrum) - Beiträge von Ingeborg Gerlach und Elke Almut Dieter
Im Wahlkampf kaum zu hören:
Die Flüchtlinge an den Grenzen Europas, die nicht reingelassen werden und teilweise schon lange in unbeschreiblichen Zuständen in Lagern leben. Ebenso unsichtbar: Die Aufnahme von aus Afghanistan geflohenen Menschen.
Thema ist die Verteilung der Flüchtlinge aus Afghanistan, die dem deutschen Militär in Kabul zur Seite standen und ohne die sie noch viel eher gescheitert wären. Es war entsetzlich genug, dass der so schlecht geplante Abzug der Truppen zum Verrat an diesen Menschen führte. Diagnose war Politikversagen auf allen Ebenen - ich halte ein bewusstes Nicht-Handeln in der Erwartung der Flüchtlingswelle für nicht ganz ausgeschlossen.
Die klare Abweisung von Flüchtlingen durch einige Politiker der CDU und CSU spricht eine deutliche Sprache. Ich halte es für unsere Pflicht, diese Menschen bei uns aufzunehmen, zumal viele Kommunen mit ihrem Status als "Sicherer Hafen" ihre Bereitschaft signalisiert hatten. Es wird kolportiert, dass es am Innenministerium scheitert. Das Ausstellen von Visapapieren für die Einreise nach Deutschland dauerte viel zu lange, hätte bei Bekanntwerden der Abzugspläne vor Monaten vorbereitet werden können. Das Ermöglichen einer legalen Einreise über einen sicheren Weg wurde auf die Weise verhindert. Das Recht auf Flucht ist ein Menschenrecht: „Alle Menschen haben ein Recht auf Leben. Wir alle haben ein Recht auf Leben und ein Recht, in Freiheit und in Sicherheit zu leben. Das Recht auf Asyl*. Wenn wir fürchten, in unserem eigenen Land schlecht behandelt zu werden, haben wir das Recht, in ein anderes Land zu flüchten, in dem wir sicher sind.“
Die Flüchtlinge sind ein wesentlicher Indikator, wie es bei uns in der BRD mit unseren Werten steht.
Die Nichtbereitschaft auf Aufnahme der Afghanischen Flüchtlinge ist umso unverständlicher, als neben moralischen Gründen auch demografisch-ökonomische Gründe für eine Aufnahme sprechen könnten: Das Fehlen von Arbeitskräften. Voraussetzung für eine langfristige Aufnahme in unser Land ist ein schnelles Asylverfahren und eine verantwortungsvolle Migrationspolitik. Die Politik sollte ein Interesse an jungen Menschen haben, die sogar schon unsere Sprache sprechen und bereit für eine Zukunft in unserem Land sind.
Elke Almut Dieter
*Asyl = Zufluchtsort (für Verfolgte)
Afghanische Flüchtlinge nach Deutschland …
„2015 darf sich nicht wiederholen!“, schallt es penetrant aus Politikermund. Auf der einen Seite bemitleidet man die afghanischen „Ortkräfte“, von denen 40000 oder noch mehr falschen Versprechen trauend zurückbleiben Aber da sind auch noch die Hunderttausende, die auf keiner Liste stehen, doch gute Gründe haben, vor den Taliban zu fliehen. Sie versuchen es auf dem Landweg, über den Iran und die Türkei, Pakistan. Tadschikistan und andere Nachbarländer. Und dort sollen sie auch bleiben nach dem Willen der Europäer, last not least der Deutschen. Dafür ist man bereit, große Summen zu zahlen.
„Liebe Afghanen, ihr tut uns leid!“ steht auf einer Karikatur in einer namhaften Zeitung, als Plakat vor einem mit Stacheldraht bewehrten Grenzzaun. Überall werden Zäune aufgebaut, so z.B. zwischen der Türkei und dem Iran. Damit erweist sich die Strategie des Westens im Umgang mit den Geflüchteten als gescheitert. In Europa wird derweil um Kontingente gefeilscht, die jedes Land aufnehmen soll; dabei gibt es genügend Kommunen, die bereit wären, Geflüchtete in weitaus größere Zahl aufzunehmen (auch Braunschweig gehört dazu. Aber Seehofer schiebt bis zu seiner letzten Minute im Amt einen Riegel vor. Und das, obwohl er wissen müsste, es nicht nur humanitäre, sondern auch demographisch-ökonomische Gründe gibt, mehr Menschen aufzunehmen. In allen Medien ruft man nach Fachkräften.
Zu Beginn des neuen Schuljahres fehlen Tausende von Lehrlingen. Vor kurzem hat der Chef der Bundesagentur für Arbeit warnend darauf hingewiesen, dass Deutschland jährlich 400000 zusätzliche Menschen brauche, sonst müsste die Arbeitszeit verlängert und die Rente gekürzt werden. Zwar sind nicht alle Immigranten Fachkräfte, aber man könnte viele von ihnen ausbilden. Doch dass hier eine bedenkliche Bevölkerungslücke klafft, steht nur im Wahlprogramm der Linken und Grünen.
Ingeborg Gerlach
Zum Thema Afghanistan:
Petition: https://weact.campact.de/p/Afghanistan
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