Vortrag und Diskussion mit Dr. Heinz Klippert - Videomitschnitt



Video zur Veranstaltung vom 19.6.2024 im Haus der Kulturen
https://youtu.be/j1LJK1GZk1E

 

Bericht von Elke Almut Dieter:

Dr. Heinz Klippert macht Mut dazu, Kriege als das zu bezeichnen, was sie tatsächlich sind: verheerend für alle Seiten. Er stellt die Großkriege als warnende Beispiele mit den 70 Millionen Toten und den zerstörten Städten in den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts, verweist auf  1,7 Millionen Tote und die Zerstörungen im Irakkrieg, und auf den Afghanistan-Krieg mit 6 Millionen Toten und 38 Millionen Flüchtlingen, die aus Afghanistan und Pakistan nach Europa aufbrachen.. Abgesehen von dem menschlichen Leid ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Kriegen verheerend und niederschmetternd. Allein für den Wiederaufbau der Ukraine werden  eine Billion $ veranschlagt. Wer hat ein Interesse an Kriegen? Die EU muss lernen, seine eigenen Interessen zu vertreten und verhindern, dass ihnen die Interessen der USA Europa auf die Füße fallen. Klaus von Dohnanyi hat in seinen jüngsten  Überlegungen zur Wahrung der nationalen Interessen darauf verweisen, dass Europa die Schäden zu tragen hat, während in den USA nicht eine Fensterscheibe zu Bruch geht. Klippert verweist auf das Buch von Verheughen und Petra Erler (Der lange Weg zum Krieg), die ebenso wie Dohnanyi darauf verweisen, dass Europa eigene Interessen hat und sich den Kurs der USA nicht diktieren lassen soll. Der Niedergang der deutschen Wirtschaft ist erst am Anfang. Er ist das Ergebnis des Ukrainekrieges: Das Abschneiden von den östlichen Handelspartnern und von dem Zugang zu russischem Öl und Gas. Die Bündnistreue der deutschen Politiker erfüllte den lang gehegten Wunsch der US-amerikanischen Regierungen: den eurasischen Machtkomplex zu sprengen. Deutschland musste seine Interessen nicht opfern.

Zur Friedensbildung gehört die  Friedenssicherung. Sie beginnt in den Köpfen mit mentaler und emotionaler Abrüstung. Eine emotional Abkühlung, mehr Kriegsskepsis und Friedensfantasie sind wichtige Voraussetzungen für die Friedensbildung. Je länger die Kriege dauern, desto schwieriger ist es, sie zu beenden. Die Friedenssicherung zielt auf gewaltfreie Konfliktlösungen und auf eine Kriegsbeendigung.

Friedenssicherung ist Kriegsprävention: Klippert fragt, wo die Bemühungen um Kriegsprävention vor 14 Jahren im Prozess um den Maidan waren.  Die Kriegsrhetorik  gilt es zu untersuchen,  propagandistische Positionen einer kritischen Öffentlichkeit gegenüber gestellt zu werden. Kriege sind nie alternativlos! Über unterschiedliche Interessen muss verhandelt werden. Es ist das Wesen einer Verhandlung, dass aus unterschiedliche Interessen Kompromisslösungen gesucht werden.

Klippert beklagt, dass einem neuen Bellizismus das Wort geredet wird, der Aufrüstung, Waffenlieferung und Waffengänge als probates Mittel zur Friedenssicherung verklärt. Ee weist darauf hin, dass die Regierung der USA Abrüstungsverträge wie dem ABM und den INF-Vertrag gekündigt hat, um aufzurüsten. Um die Kriegslogik zu verlassen, verlangt Klippert das Damoklesschwert der Rüstungsexpansion zu kappen. Den USA geht es nur selten um Menschenrechte, mehr um geopolitische Interessen. Die Strategie der USA war es, Staaten zu schwächen, Bürgerkriege und zwischenstaatliche Kriege zu entfachen, eine Opposition gegen die herrschende Regierung zu stärken, um ihre geopolitische Macht zu festigen. Die USA haben 850 militärische Stützpunkte in der Welt. Frieden mit Waffen schaffen zu wollen, ist gespenstisch und falsch, denn die Bereitschaft zu Diplomatie nimmt ab. In Kriegen werden Waffen getestet und „verbraucht“, um neue Waffen zu entwickeln und die Modernisierung von Waffen zu fördern.

Um die Kriegslogik zu verlassen, verlangt Klippert das Damoklesschwert der Rüstungsexpansion zu kappen. Es braucht Vernetzung und das Bemühen zur Deeskalation. Um Frieden aufzubauen, braucht es einen Schritt  über Rache und Misstrauen hinweg. Ein Frieden in Europa kann es nur mit Russland geben, denn Russland ist unser geografischer Nachbar. Die Traumata von Russland müssen ernst genommen werden. Frieden gibt es nur auf der Basis der Differenziertheit der Welt: unterschiedliche Kulturen, unterschiedliche Regierungsformen und unterschiedliche Weltanschauungen gilt es im friedlichen nebeneinander zu akzeptieren. Ein Siegfrieden ist nur die Vorstufe zu einem erneuten Krieg.

In seinem Vortrag plädiert Klippert für einen reflektierten Pazifismus, der auf gewaltfreie Wege der Konfliktregelung/Kriegsprävention setzt, auf Verstehen, Verstand und Vernunft (Kant) zielt und Kriege mit allen Mitteln zu vermeiden oder umgehend zu beenden sucht. Sein Credo: „Wir müssen den Frieden vorbereiten und das verbreitete Gut-Böse-Denken überwinden, Feindbilder und Kriegsrhetorik kritisch hinterfragen, Perspektivenwechsel vornehmen, begründete Kriegsskepsis fördern, Dämonisierung vermeiden und das „alte“ Entspannungs-, Abrüstungs- und Versöhnungsdenken wiederbeleben.“  Das gilt nicht nur für die Politik und Medienzunft, sondern auch für den Bildungsbereich und die Hochschulen. Medien heizen die Kriegsstimmung an, z.B. der Spiegel mit dämonisierenden Bildern und Bezeichnungen von  Putin, z.B.: „der Kaltmacher“. Ebenso schädlich ist die Cancelculture, die  abweichende Meinungen niedermacht und Veranstaltungen verhindert. Ein prominentes Beispiel ist der verstummte Habermas und Antje Vollmers bittere Bilanz der Grünen in der Berliner Zeitung.



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Anleitung zur Belebung pazifistischen Denkens
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Leseprobe (Inhaltsübersicht)


Veranstaltet wurde der Vortrag vom Friedenszentrum Braunschweig e.V. in Zusammenarbeit mit IPPNW Regionalgruppe BS, Friedensbündnis BS und der Kirchengemeinde St. Magni