Vortrag von Stefan Hebel am 18.08.2016 in der VHS in der Reihe „ Wege zu einer Kultur des Friedens“

 

Es geht darum, den Unfrieden in der Gesellschaft, die inneren Brüche zur Kenntnis zu nehmen.

In drei Jahrzehnten mit rigider Marktideologie, Egoismus und Konkurrenzdenken ist dem sozialen Frieden geschadet worden. Dies hat Auswirkungen auf das Denken und Fühlen der Menschen. Alternativen sind notwendig.

Vorgedacht wurde das von der Chicagoer Schule 1, Thatcher mit TINA ("There is no alternative") und ihrem Verleugnen der gesellschaftlichen Verantwortung ( Zitat "There is no such thing like society." ) Merkel setzt diese Ideologie fort. In Deutschland waren die Anfänge bei Otto Graf Lambsdorff 1982 und der Ruckrede 2 von Roman Herzog.

Die Politik des sozialen Unfriedens kann beziffert werden:

* 15% Armut

* 1 Million Menschen sind Aufstocker trotz Mindestlohn

* Umweltschutz wird gefordert, aber Autoindustrie wird geschützt

* Waffen in Krisengebiete

* Freihandel ( TTIP, CETA) und die Rede von Miersch (SPD)

* Deutsche Exporte, z.B. Hähnchenteile nach Afrika, treiben die Bauern in die Pleite, es folgen Abwanderung in die Städte und letztlich Flüchtlingsströme. Flüchtlinge stammen aus den Verhältnissen der „ gesellschaftlich Abgehängten“, ebenso wie gewaltbereite „Terroristen“: Rechtsextreme genauso wie Dschihadisten. Jede Gewalt hat ihre Ursache in den gesellschaftlichen Verhältnissen.

Egoismus und Ellenbogengesellschaft prägen auch das gesellschaftliche Klima in Deutschland. Der Vertrag mit der Türkei ist eine besonders perfide Form der Abschottung. Der Widerstand gegen ihre Politik kommt leider von rechts. Merkels Ideologie des Pragmatischen verdeckt die Risse und Brüche, die Menschen finden keine Resonanz bei den Parteien. Merkel sorgt sich um die Zufriedenheit einiger Reicher, aber die Zufriedenheit steht allen zu. Der Wegweiser des Neoliberalismus:

* Keine Steuererhöhung für Reiche seit Jahren trotz Unterfinanzierung

* Wettbewerb über Ausgabensenkung bei Sozialausgaben

* Finanzierung des Gesundheitssystems – die paritätische Vorsorge wurde aufgekündigt ( ebenso die "Private Finanzierung" der Rente)

Die Sozialsysteme müssen anders finanziert, auf breitere Basis gestellt werden:( <Bürgerversicherung). Grundlegende Reformen, die wir im Moment verschlafen, sind eine

Vorbeugung gegen Unzufriedenheit, gegen soziale Unruhen. Wir brauchen einen Aufbruch in allen Bereichen: Weg von der marktkonformen Ideologie – hin zu Visionen.

* Verteilungsgerechtigkeit: Geld von den Reichen

* 1% Vermögenssteuer würde 10 bis 20 Millionen pro Jahr in die Kasse bringen.

* Nicht weiter machen wie bisher: das Armsparen des Staates ( Austeritätspolitik) führt zu einer ungerechten Verteilung.

* Das Menschenrecht auf Asyl beinhaltet die Finanzierung der Flüchtlinge. Das Geld muss trotz der Sozialausgaben bereitgestellt werden, notfalls von den Reichen. Das „ Wir schaffen das“ ist unglaubwürdig, wenn das Geld nicht bereitgestellt wird.

Problem: wir haben eine zu kleine Opposition im Bundestag. SPD in der großen Koalition, die Grünen üben sich in Anpassung. Die Linken plus die Grünen (d.h. die Opposition)  machen nur 20% aus. Politische Mehrheiten für eine andere Politik fehlen. Es ist ein Grundnahrungsmittel der Demokratie über Alternativen nachzudenken.

Warum die Menschen das widerspruchslos dulden?

Sie fühlen sich ohnmächtig und entdecken die Wut und den Hass. Heitmeier spricht von roher Bürgerlichkeit. Der Druck kommt von denen, die abgehängt sind. Die Geringschätzung des Sozialen führt zur Herrschaft des Eigennutzes. Erich Fromm: die sozioökonomische Struktur bringt uns dazu, dass wir tun wollen, was wir tun sollen. Die Entsolidarisierung war eine Folge der Politik von oben.

Alternativen:

* Reformprojekte, Gegenbewegungen, politische Bildung

* Eine neue Bedingung, die Grundbedürfnisse zu sichern

* Wiedergewinnung des Politischen – Gemeinwohl gegen Egoismus

* Die Bewegung braucht kleine Gruppen nebeneinander, keine Massenbewegungen, Genossenschaftsbewegungen, Bildung von Zonen und Inseln, in der eine bessere Welt aufbewahrt wird. Später kann man sie miteinander verbinden vielleicht durch einen Ratschlag auf unterer Ebene…

* Gegen das Brechen von Tabus und gegen den Rassismus eine andere Idee setzen.

* Die Gesellschaft / Regierung hat versäumt, einen neuen Konsens für den Rechtsstaat aufzustellen

 

 Elke-Almut Dieter

 

 


1 Chicagoer Schule

2 Ruckrede