Zum Vortrag des Berliner Friedensforschers Gerhard Piper am 20. März 2014 in der Alten Waage

Es konnte einem Angst und Bange werden bei den Ausführungen Gerhard Pipers zur neuen Kriegsform des Drohnenangriffs. Und einigen Zuhörern wurde es auch beklommen zumute, auch wenn Piper keinesfalls dramatisierte, sondern das kaum Fassbare ruhig und sachlich vortrug. Piper, Mitarbeiter eines Berliner Forschungsinstituts, sprach im Rahmen der vom Friedenszentrum Braunschweig veranstalteten Reihe "Wege zu einer Kultur des Friedens".

Friedensnobelpreisträger Obama wurde gründlich demoliert. Zwar erspart er seinem kriegsmüden Land neue militärische Auseinandersetzungen (und tote Soldaten), aber er hat den Drohneneinsatz rund um den Erdball ungeheuer gesteigert und das "Töten per Fernbedienung" zur alltäglichen Praxis gemacht. Und dies, obwohl die USA eigentlich seit 1976 extralegale Hinrichtungen verboten hatten (wieder eingeführt wurden sie Anfang 2001 unter Bush). Über die Zahl von "Kollateralschäden", d.h. getötete Zivilisten, die zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort waren, gibt es nur Mutmaßungen, die Genfer Konvention, die zwischen Kombattanten und Zivilisten unterscheidet, gehört zum Altpapier.

Piper, der mit einer beträchtlichen Fülle von Fakten und Daten aufwartete, ließ keinen Zweifel an der moralischen Verurteilung dieser neuen Art der Kriegführung. "Lynchjustiz" nannte er das "target killing", und er wies darauf hin, dass der US-Präsident persönlich an der Auswahl der "Ziele" beteiligt ist. Doch Piper sieht eine mögliche Verschärfung in der Automatisierung des Vorgangs: Dann entscheidet ein Algorithmus darüber, ob und wer getötet wird. Wen kann man dann noch zur Rechenschaft ziehen?

Die allgegenwärtige Überwachungspraxis der USA ist im Zusammenhang mit den Drohnen zu sehen: es wird kontrolliert, damit man die nächsten "Ziele" auswählen kann. Piper wies darauf hin, dass es technische Möglichkeiten gibt, die Drohnen umzulenken. Aber wer verfügt schon über diese? So herrsche in Waziristan und anderen "Brennpunkten" des Drohnenkampfs ständige Angst unter der Bevölkerung.

Piper wies darauf hin, dass Deutschland als Ausgangsort der US-amerikanischen Drohnen-Aktivität eine makabre Rolle spiele: "Africom" in Stuttgart und der Luftwaffenstützpunkt Ramstein seien die zentralen Orte für den Einsatz von Drohnen in Afrika.

Die USA sind dabei, ein neues Gewohnheitsrecht zu etablieren, welches das bisher gültige Völkerrecht ersetzen soll. Aber es sind nicht allein die USA, die Drohnen benutzen. 87 Staaten der Welt nutzen sie, darunter auch "Terroristen". Auch die Bundeswehr ist bekanntlich mit dabei und will sich noch weiter damit aufrüsten. An ein Verbot dieser Waffe ist nicht zu denken, sie wird sich weiter verbreiten.

Im Publikum, das den Vortrag mit einer lebhaften Diskussion begleitete, wurde Kritik an den Medien laut, die solche Informationen zwar nicht verschweigen, aber hinter anderen scheinbar aktuellen Nachrichten "verbergen" Einen minimalen Beitrag zur Aufklärung hat das Friedenszentrum mit dieser Veranstaltung leisten können. Er macht deutlich, welche Informationen unsere Gesellschaft eigentlich benötigte.

Ingeborg Gerlach