Vieles, wenn auch nicht alles hätte man wissen können; dann stünden wir heute nicht so hilflos vor den Flüchtlingsmassen. Spätesten im Sommer war klar: Der Bürgerkrieg in Syrien ging ins fünfte Jahr ohne Aussicht auf ein Ende. Die Flüchtlinge in den Nachbarländern wurde immer schlechter versorgt, weil, der UN die Mittel fehlten – die Beiträge der Mitgliedsländer flossen nur noch unregelmäßig. Afghanistan, angeblich befriedet, wurde von Attentaten und dem Vormarsch der Taliban erschüttert. Grund genug für Hunderttausende, sich auf den Weg nach Europa zu machen.
Ob die Furcht vor dem Image der eiskalten Beherrscherin Europas die Kanzlerin am 6. September zu ihrer Aussage „Wir schaffen das!“ bewogen hat, wissen wir nicht. Vielleicht hoffte sie auf eine baldige Verteilung der Migranten auf die anderen europäischen Staaten. Es zeigte sich aber, dass „Europa“, das kurz zuvor so einmütig die Griechen gedemütigt hatte, in Sachen Asylbewerber keine Einigkeit kannte, und so blieb Deutschland auf seiner Last sitzen. Das schöne Herbstmärchen vom gastfreundlichen Deutschland verwandelte sic h in einen Albtraum, vor allem für die Länder und Kommunen. Denn, das wurde alsbald klar: Es gab keinen Plan, und alles, was die Regierung in der Folgezeit unternahm, erwies sich als ziellos und opportunistisch.
Die von Bayern gewünschten Transitzonen sind zwar vom Tisch, aber die künftigen Aufnahmezentrum haben nur den einen Zweck, eine möglichst rasche Abschiebung ganzer Flüchtlingsgruppen zu ermöglichen. Abschiebung ohne ernsthafte Prüfung in vermeintlich sichere Staaten ist Ausdruck der kopflosen Panik, mit der diese Bundesregierung agiert. Innenminister de Maizière verstieg sich sogar zu der Behauptung, Afghanistan (!) sei ein sicherer Staat, in den viel mehr Flüchtlinge abgeschoben werden müssten. Die geplanten Leistungskürzungen unter das Existenzminimum mögen zwar den Schreihälsen an den Stammtischen gefallen, verstoßen aber gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Da die Regierung keinen Plan hatte, unterblieb auch jede sachliche Information der Bevölkerung, die sich Daten und Fakten gewünscht hätte. Erst als die Kanzlerin und ihre Partei in der Gunst der Wähler abstürzten, begann man mit den Maßnahmen, welche Tatkraft vorspiegeln sollten. Jetzt geht es nur noch um die Wählerstimmen einer mehr und mehr nach rechts abdriftenden Bevölkerung. Dazu gehört auch der Deal mit Erdogans Türkei: Großzügig sieht man über alle Menschen- und Wahlrechtsverletzungen hinweg, um die Türkei als Wachposten gegen die syrischen Flüchtlinge zu gewinnen. Man bietet ihr sogar Visa-Erleichterungen und beschleunigte Beitrittsverhandlungen an unter Missachtung eines EU-Gutachtens, das ihr Rückschritte bei der Demokratisierung bescheinigt.
Das Friedenszentrum protestiert gegen diese inhumane und kontraproduktive Politik und fordert eine langfristige, mit Menschenrechtsorganisationen abgestimmte europäische Antwort auf das Flüchtlingsproblem.