Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Aktive und Freunde,

ich möchte Sie und Euch im Namen des Friedenszentrums Braunschweig und des Friedensbündnis Braunschweig recht herzlich begrüßen und ich freue mich, dass Sie und Ihr mit uns die Erinnerung an den 1. September, den Antikriegstag wach haltet.

Wenn ich mit Freunden oder Kollegen davon spreche, dass wir eine Veranstaltung zum Antikriegstag machen, dann sehe ich oft in fragende Gesichter. Darin steht auch geschrieben, dass Kriege für sie weit weg sind - im Nahen Osten oder in Nordafrika. Dabei haben wir wieder Krieg auf europäischem Boden. Der Konflikt in der Ukraine hat den Krieg vor die Grenzen der EU getragen und er ist damit sehr unmittelbar. Seit Anfang 2014 wird dort gekämpft und gestorben und die Spirale der Gewalt ist noch nicht beendet.


Statt auf Deeskalation zu setzen, senden die EU und die NATO Signale der Konfrontation. Die Verlegung von europäischen Kampfeinheiten nach Osteuropa, die Installation eines Raketenabwehrschirms in Polen und Tschechien und die Durchführung von Manövern vor den Toren Russlands stellen keinen Beitrag zur Befriedung dar, sondern erhöhen nur die Spannungen. Die Antwort Russlands ist Säbelrasseln. Entspannungspolitik sieht anders aus. Entspannungspolitik heißt Selbstbeschränkung und Vertrauen.

Natürlich hat Russland durch die Annektion der Krim Völkerrecht verletzt und Vertrauen zerstört. Allerdings ist die Osterweiterung der NATO als Militärallianz bis an die russische Grenze nicht als freundschaftlicher Akt zu werten.

Deshalb ist es wichtig, dass der Kontakt und der Dialog mit Russland wiederbelebt wird. Ein kleine Hoffnung ist die Wiederbelebung der OSZE. Ein Treffen der Außenminister vor einigen Tagen in Potsdam ist ein kleiner Lichtblick.

Am 1. September vor 77 Jahren begann der 2. Weltkrieg. Vor 77 Jahren griff die Deutsche Wehrmacht Polen an, am 1. September 1939. Dieser verheerende Krieg mit 60 Millionen Toten ist Anlass zur Erinnerung. Deshalb wurde der Antikriegstag mit dem Aufruf ins Leben gerufen: "Nie wieder Krieg". Einen Krieg auf europäischen Boden sollte es nicht mehr geben. Der Krieg in der Ukraine ist nun der zweite innerhalb von 30 Jahren. Das muss uns wachrütteln. Eine Antwort darauf kann nur Abrüstung heißen. Abrüstung und Entspannung. Der Berliner Appell zur Beendigung der Spirale der Gewalt liegt an unserem Stand aus. Sie können ihn dort unterschreiben.

Deutschland kann ein bedeutendes Zeichen zur Entspannungspolitik setzen, indem die Bundesregierung die US-Regierung auffordert, die Atombomben aus Büchel abzuziehen. Eine zweite Forderung aus den Lehren des 2. Weltkriegen war: "Nie wieder Faschismus!". Das rechte Parolen wieder salonfähig sind und deren Vertreter Einzug in die Parlamente genommen haben, ist für mich erschütternd. Auch das etablierte Parteien im rechten Fahrwasser mitschwimmen. Diese Entwicklungen gefährden den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und sind Nährboden für Gewalt. Deshalb müssen wir uns gegen jede Form von Faschismus, Rassismus und Diskriminierung wehren.

Bevor ich diese Rede schrieb, habe ich mir meine letzte Rede vor vier Jahren angeschaut. Und ich musste feststellen, dass die Kriege die gleichen geblieben sind und insbesondere die Konflikte im Nahen Osten zugenommen haben: In Afghanistan wird weiterhin gekämpft und sprengen sich Selbstmordattentäter in die Luft, in Libyen ist der IS im Vormarsch und in Syrien tobt der Krieg mit aller Brutalität weiter. In Europa ist die Bedrohung durch den IS unmittelbar.

Ein neuer Player ist Saudiarabien, das einen Luftkrieg in Jemen führt. Saudiarabien ist eines der größten Waffenimporteure, wovon auch die deutsche Rüstungsindustrie profitiert. Wir befüttern diesen Krieg durch Waffen aus Deutschland, das ist ein Skandal. Über Rüstungsexporte aus Deutschland finden Sie eine eindrucksvolle Plakatausstellung am Stand der DKP.

In Syrien tobt der Bürgerkrieg seit 5 Jahren. Auch wenn meine Freundin Mona es nicht hören will, so ist auch der Krieg nur durch Verhandlungen zu beenden. Und da gehören alle Partner an den Tisch, ohne Vorbedingungen, auch ein Baschar al-Assad. Er hat seine Landsleute geknechtet, gefoltert und ermordet und er ist verantwortlich für Kriegsverbrechen in seinem Land, aber der Schritt zu einer Befriedung dieses Konfliktes gelingt nicht ohne ihn.

Verhandlungen sind ein langer und steiniger Weg und sie sind mit bitteren Rückschlägen verbunden. Aber dieser Weg muss gegangen werden, um einen Frieden herbeizuführen, was uns Kolumbien aktuell eindrucksvoll gezeigt hat. Nach einem halben Jahrhundert Bürgerkrieg und 4 Jahren der Verhandlung, begleitet von Kämpfen, haben sich die Bürgerkriegsparteien auf ein Friedensabkommen geeinigt. Das Abkommen ist ein Kompromiss und es stellt nicht alle zufrieden, denn das Leid, was tausende Kolumbianer erfahren haben, lässt sich nicht so einfach aus der Welt schaffen. Auch Völkerrechtlich ist das Abkommen umstritten, wenn die Täter sich nicht vor dem internationalen Strafgerichtshof verantworten müssen. Die Begründung dafür ist, dass ein Verhandlungsfrieden einem Vernichtungsfrieden moralisch und politisch überlegen ist. Aus der Warte des internationalen Menschenrechtsschutzes ist die Herbeiführung eines Verhandlungsfriedens deshalb anzuerkennen. Ob die Mehrheit der Kolumbianer dem Friedensabkommen zustimmen werden, bleibt abzuwarten. Das Ergebnis zeigt, dass ein Verhandlungsfrieden kein einfacher und schneller Weg ist, aber einer der gegangen werden muss, um einen Konflikt zu beenden und es stimmt mich hoffnungsvoll.

Auch der Beginn von Friedensgesprächen zwischen der Regierung und den Rebellengruppen in Myanmar lässt auf eine Befriedung des Konflikts hoffen.

Militäreinsätze sind keine Antwort auf Konflikte, auch wenn uns die Bundesregierung das gebetsmühlenartig suggerieren will. Eine Aufstockung des Bundeswehretats bringt uns einer friedlicheren Welt kein Stück weiter. Das Gegenteil ist der Fall, die Gefahr des Einsatzes wird immer größer.

Wenn ich mit Freunden oder Interessierten über mein Engagement spreche, dann bekomme ich oft zu hören, dass es sowieso keinen Zweck hat und das man als Einzelner eh nichts machen kann.

Gut,

aber, wenn ich nichts tue dann kann sich auch nichts bewegen. Wir stehen kurz vor der Kommunalwahl. Mit Ihrem Kreuz können Sie mit kleinem Aufwand am Rädchen mitdrehen. Spannender ist es aber, mit den Kandidaten zu sprechen. Unser Mitstreiter Helmut Käss macht das mit steter Regelmäßigkeit und wachsender Begeisterung. Stellen auch Sie Ihre Kandidaten auf den Prüfstand. Konfrontieren sie sie mit Ihren Anliegen, das kann auch Spaß machen. Und wenn Sie dazu Hilfestellung brauchen, dann wenden Sie sich an Helmut.

Wir haben die Parteien zur Kommunalwahl befragt, die Antworten finden Sie an der Stele neben dem Stand vom Friedenszentrum bzw. Friedensbündnis.

Damit möchte ich mich für Ihre/Eure Aufmerksamkeit bedanken und wünsche einen spannenden Dialog mit den Gruppen und Organisationen auf diesem Platz! Vielen Dank!

 

Dr. Ute Lampe

 


 s. auch  Rückblick: Antikriegstag am 3. September 2016