Vortrag von Helmut Kramer am 18.08.2011
Zum 100. Abend der Reihe WEGE ZU EINER KULTUR DES FRIEDENS begrüßte Frieder Schöbel, der vor 12 Jahren die Vortragsreihe ins Leben gerufen hatte, 55 Gäste. Er gab einen Überblick über die bekanntesten akademischen, Fach- und Laien-ReferentInnen, die das Friedenszentrum im Laufe der Zeit in die VHS eingeladen hat. Die Vielfalt der Themen reichte von den Gefahren der Atomwaffen bis zu aktuellen Gewalt-Konflikten. Die Liste kann hier heruntergeladen werden.
Den Festvortrag hielt Helmut Kramer (81), Braunschweiger Richter aus Wolfenbüttel, frisch gebackener Träger des Fritz-Bauer-Preises und langjähriges Mitglied des Friedenszentrums. Er setzte sich zuletzt 2009 als Sachverständiger im Bundestag erfolgreich dafür ein, dass auch die sogenannten "Kriegsverräter" endlich rehabilitiert wurden. Dass man einen verbrecherischen Krieg nicht verraten kann, darüber waren sich alle Anwesenden einig. Davor hatte er jahrzehntelang für die Aufhebung ungerechter Urteile und Gesetze gearbeitet – was ihm oft gelang (Erna Wazinski Todesurteil, Rechtsberatungsmissbrauchsgesetz der Nazis usw.).
Helmut Kramer zuzuhören ist äußerst spannend, weil er eine unglaublich präzise Sprache benutzt und ein sicheres Gedächtnis für Personen und Fakten besitzt. Er weitete sein Thema "Wehrmachtsjustiz" aus, um zu kritisieren, dass es schon wieder Bemühungen um eine neue "Militärjustiz durch die Hintertür" gibt, wobei man Vorfälle wie die Bombardierung des Tanklasters bei Kunduz zum Anlass nehme. Die Gesetze liegen fertig in den Schubladen und sind sogar schon getestet worden.
Man hat also aus den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt. Das Grundgesetz verbietet bewusst Sondergerichte für bestimmte Gruppen. Die Justiz sollte aber immer getrennt vom Militär bleiben.
Ganz allgemein mahnte Helmut Kramer an, dass sich unsere Gesellschaft in eine Art "Unterhaltungsgesellschaft" verwandele, in der die Menschen "dem Denken entwöhnt" werden. Krieg werde erst wahrgenommen, wenn er vor der Tür steht. Dass wir in Zeiten des Friedens leben, denke die Mehrheit der Deutschen. Diesen Denkfehler gilt es zu berichtigen, den allgemeinen Horizont der Bevölkerung zu erweitern. Kriege dürfen nicht als normal angesehen werden.
Im Anschluss gab es noch genügend Zeit für Gespräche in angenehmer, lockerer Atmosphäre. Dabei fanden sich viele Menschen, die sich noch über den Abend austauschen wollten. Unterstützt wurde das Ganze von kleinen Snacks und Getränken, die das Friedenszentrum zur Feier des Tages spendiert hatte.
Daniel Gottschalk und Frieder Schöbel