Vortrag von Pastor i.R. Helmut Erchinger am 17.11.2011
40 Millionen Flüchtlinge sind unterwegs, doch nur drei Prozent davon kommen nach Europa. Dennoch schottet Europa sich mit der Grenztruppe "Frontex" ab. Diese Truppe nimmt auf Menschenrechte keine Rücksicht.
Über die weltweite Flüchtlingsproblematik referierte Pastor i.R. Helmut Erchinger am 17. November im Rahmen der Reihe "Wege zu einer Kultur des Friedens", die gemeinsam vom Friedenszentrum und dem Friedensbündnis veranstaltet wird. Herr Pastor Erchinger ist Mitbegründer des "Refugiums".
Deutschland hat eine besonders "geschützte" Position, weil seit der Schengen-Regelung nur Flüchtlinge ins Land dürfen, die nicht über ein sicheres Drittland eingereist sind – und Deutschland ist aus geografischen Gründen nun einmal von anderen europäischen Staaten umgeben. Doch auch die wenigen Flüchtlinge, die es in unser Land schaffen, werden nach strengen Kriterien selektiert und überwiegend abgeschoben, so dass am Ende nur 20000 Flüchtlinge jährlich Aufnahme finden, was, wie Erchinger ausführte, schon allein unter demografischen Aspekten vollkommen kontraproduktiv ist.
Ausführlich legte Erchinger die Brutalitäten unserer Flüchtlingspolitik dar. Hinweise auf Vereinbarungen mit nordafrikanischen Diktatoren, die Flüchtlinge in der Wüste aussetzten, fehlten nicht. Doch es blieb nicht bei der Liste der Grausamkeiten. Erchinger stellte die Frage nach dem Grund der rigiden deutschen Ausländerpolitik. Seine Antwort: "Furcht vor Rechtsradikalismus". Womit das nächste Problem angeschnitten wäre.
Abschließend berichtete Pastor Erchinger über das Buch "Bilal. Als Illegaler auf dem Weg nach Europa" von Fabrizio Gatti, das ihm, wie er sagte, über die Hintergründe der Flucht die Augen geöffnet habe. Es sind nicht die Schwächsten aus ihren meist westafrikanischen Herkunftsländern, die sich auf den Weg machen, sondern die Stärksten, die von ihren Familien für ausgewählt und ausgerüstet werden – für einen Weg, der sie in vielfache Lebensgefahr bringt und unerhörten Quälereien aussetzt. Angesichts dieser Situation plädierte Erchinger für Agenturen in den Herkunftsländern, die jährlich einer bestimmten Quote den Zugang nach Europa zur Ausbildung ermöglichten. Sie könnten nach ihrer Rückkehr beim Aufbau ihrer Heimatländer helfen.
Ingeborg Gerlach