Bericht zum Vortrag von Norman Paech am 21.3.2019 in der VHS in der Reihe "Wege zu einer Kultur des Friedens".

 

Wenig Grund zu Optimismus

Am 21. März referierte der Jurist und Völkerrechtler Norman Paech über die Lage in Palästina und Israel.

Man hätte es wissen können: Schon 1937, also Jahre vor der Gründung des Staates Israel im Jahre 1948, propagierte David Ben Gurion, der spätere Gründer des Staates Israel: Die „Kolonisierung des ganzen Landes durch den Zionismus“. Zu diesem Zweck dürften auch bestehende Verträge gebrochen werden.

In der Tat vollzog sich die Entwicklung des israelisch-palästinensischen Verhältnisses als eine bis heute andauernde Landnahme. 1948 war die erste Stufe, 1967 (Sechs-Tage-Krieg) die zweite, mit der Einverleibung ganz Jerusalems 1980 die dritte. Die Auseinandersetzungen an der Grenze zum Gaza-Streifen, die von Israel mit unverhältnismäßiger Härte geführt werden, gehören gleichfalls in diesen Zusammenhang. Die Ausrufung Israels zum jüdischen Nationalstaat  Israel 2018, in dem die Palästinenser 1allenfalls toleriert würden und ihre arabische Sprache keine Amtssprache mehr ist, kennzeichnet den gegenwärtigen Zustand. Auch das Siedlungsprojekt spielt eine maßgebliche Rolle. Paech wies darauf hin, dass vor allem das Gebiet im Jordantal, das für den Zugang zum Wasser entscheidend ist, durchweg der Zone C zugehöre, d.h. vollständig unter israelischer Kontrolle stehe. Damit ist den Palästinensern die wirtschaftliche Grundlage entzogen. Da es durch die wiederholte Landnahme des Staates Israel kein zusammenhängendes funktionierendes Staatsgebiet Palästina mehr gibt, ist damit die Zwei-Staaten-Lösung praktisch erledigt. Wenn die Forderung nach der Zwei-Staaten-Lösung trotzdem von den Palästinensern beibehalten wird, dann deshalb, weil der Anspruch auf einen eigenen Staat  für sie die einzige Möglichkeit darstellt, ihre Lage vor der UNO darzulegen.

Diese Lage bezeichnete der Referent als Apartheit. Er verwies auf diverse UN-Berichte unabhängiger (oft sogar jüdischer) Gutachter, welche alle die Situation in Palästina mit diesem Terminus bezeichneten. Die Gutachter verloren daraufhin ihren Status. Apartheit, so der Völkerrechtler Paech, ist juristisch definiert als die unverhältnismäßige Unterdrückung eines Teils der Bevölkerung durch einen größeren. Und Apartheit ist ein Verbrechen gegen die Menschenrechte.

Doch es bleibt ungesühnt, nicht zuletzt dank der israelischen Propaganda, welche eine fortschreitende terminologische Umwertung vollzieht:  Was Israel betreibe, sei Kampf gegen den Terrorismus. Sogar die Streichung der Haager und Genfer Konventionen wird von Israel propagiert, weil diese aus einer zurückliegenden Phase der Geschichte stammen, wo noch Nationalstaaten mit Heeren gegeneinander kämpften. Im Zeitalter des Terrorismus gelten, so Netanyahu, keine Begrenzungen und kein Schutz der Zivilbevölkerung mehr.

In der anschließenden Diskussion kam vor allem das deutsche  Verhältnis zur Sprache. Israels „Sicherheit“ gilt für die Kanzlerin  als Staatsraison; die FDP fordert die Abkehr von den UN-Resolutionen, welche Rechtspositionen der Palästinenser fordern.   Beklagt wurde die Tatsache, dass jedes Eintreten für die Rechte der Palästinenser zum Vorwurf des „Antisemitismus“ führe, was die offene Diskussion immer mehr vergifte.

Der Referent wies darauf hin, dass er wenig Hoffnung auf eine Lösung des Konflikts machen könne. Trotzdem solle man nicht aufgeben und seine Überzeugung verteidigen.

(Ingeborg Gerlach )

Hubert Schipmann bedauerte, dass Norman Paech nichts über die Arbeit von Friedensgruppen berichtet hat, z.B. über die Combatants For Peace, bei denen Israelis und Palästinenser zusammen arbeiten. Das gehöre seiner Meinung nach zum Thema des Vortrages, aber sicher zu unserer Reihe „Wege zu einer Kultur des Friedens“. Paech beurteilte die Arbeit der Friedensgruppen als wichtig und wertvoll. In der Politik und in den Wahlergebnissen spielten sie jedoch eine untergeordnete Rolle.